Veröffentlichungen von Wolfgang König


EU-Führerschein - Freibrief für Umgehung der MPU?

Bitte beachten Sie die aktuelle Entwicklung der Rechtsprechung:
http://www.koenig-dey.de/wolfgang-koenig/1155404195

Wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt hat und dabei von der Polizei erwischt wurde, hat sich bei einer Alkoholkonzentration ab 1,1 Promille vor einem Strafgericht zu verantworten, welches diese Tat mit einer Fahrerlaubnissperre von mindestens 6 Monaten ahndet.

Ab 1,6 Promille bekommt der Alkoholsünder jedoch auch nach Ablauf der Fahrerlaubnissperre seinen Führerschein noch nicht zurück, da er sich der MPU, im Volksmund Idiotentest, unterziehen muss. Wer dennoch fährt, wird gemäß § 21 StVG mit "Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe" bestraft.

Ohne Fahrerlaubnis sind auch diejenigen gefahren und haben damit den Tatbestand des § 21 StVG erfüllt, welche glaubten, sie könnten mit einem ausländischen Führerschein in Deutschland ein Kraftfahrzeug führen. Voraussetzung hierfür war bisher immer, dass gemäß der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nur der berechtigt war, ein Kraftfahrzeug mit einem ausländischen Führerschein zu betreiben, der mehr als 185 Tage in dem Land, welches ihm den Führerschein ausgestellt hat, seinen Wohnsitz hatte.

Nach einer aktuellen Entscheidung des europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29.04.2004 kommt es auf den Wohnsitz im Ausland zum Erwerb einer Fahrerlaubnis nicht mehr an. Gleichzeitig wurde mit entschieden, dass nach dem Ablauf der Fahrerlaubnissperre ein EU-Führerschein dennoch Gültigkeit hat, auch wenn im Inland die MPU angeordnet war.

Die deutschen Behörden haben nach dieser Entscheidung vorerst zu vermuten, dass die Erteilung der Fahrerlaubnis durch den ausländischen Mitgliedsstaat korrekt erfolgt ist. Der den Führerschein ausstellende Mitgliedsstaat ist nach Auffassung des EuGH nicht verpflichtet, sich die Eignung eines Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen - wie sie im § 11 FeV im deutschen Recht festgelegt ist, nachweisen zu lassen. Unter diesem Aspekt kann es so scheinen, als wäre der Erwerb einer ausländischen Fahrerlaubnis, insbesondere zur Umgehung der hier in Deutschland notwendigen MPU, Erfolg versprechend. Aber aufgepasst.

Einen Führerschein darf die Behörde des EU-Nachbarlandes nur dann ausstellen, wenn der Erwerber mindestens 185 Tage seinen Hauptwohnsitz im betreffenden Land gemeldet hatte (EWG-Richtlinie 91439), keine Sperrfrist besteht oder der Erwerb nicht durch falsche Angaben erschlichen wurde. Wurde einem Autofahrer in Deutschland eine Sperre zur Neuerteilung einer Fahrerlaubnis verhängt, dann muss nach dem Urteil des EuGH vom 29.04.04 sein EU-Führerschein anerkannt werden, wenn die Sperrfrist abgelaufen ist. Erfährt die Führerscheinbehörde jedoch von dem EU-Führerschein und hat sie Bedenken in Bezug auf die Fahreignung des Führerscheininhabers, weil er beispielsweise in Deutschland mit über 1,6 Promille oder wiederholt mit Alkohol aufgefallen und deshalb eine MPU angeordnet war, kann er erhebliche Probleme bekommen, wenn er in Deutschland Auto fährt.

Nach dem Urteil des EuGH gilt nämlich weiterhin nationales Recht, wonach die Führerscheinbehörde eine MPU fordern kann, wenn sie Zweifel an der Geeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges hat. Kommt die betroffene Person der Aufforderung der Behörde, an einer MPU teilzunehmnen, nicht nach oder besteht sie die MPU nicht, kann ihr die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen (zumindest für Deutschland) aberkannt werden.

Auto fahren ist damit in Deutschland vorbei. Erwirbt jemand unter falschen Angaben im jeweiligen Land seinen EU-Führerschein, dann wurde der Führerschein unrechtmäßig erworben und die Erteilung der Fahrerlaubnis kann in Deutschland ebenfalls wieder entzogen werden. Neben einer möglichen Strafe im Ausland kommt jetzt auch noch Fahren ohne Fahrerlaubnis hinzu, welches einen Straftatbestand darstellt.

Fazit: Führerscheintourismus lohnt sich nicht!


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